Freies Spiel – Mehr als nur Spielmaterial
- Christina | Iplay.myway

- 24. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Wenn wir an das Spielen von Kindern denken, denken wir oft an schöne Materialien, bunte Bausteine, fein gearbeitete Holzspielzeuge oder kreative Anregungen für Fantasie und Bewegung. Und ja – das Material hat zweifellos seinen Platz. Aber das freie Spiel ist so viel mehr als die bloße Frage: „Womit spielt mein Kind gerade?“

„Spielen ist die Hochschule der Kinder.“
– Albert Einstein
Das freie Spiel ist ein Spiegel der Entwicklung
In der Pikler-Pädagogik(R) – benannt nach der ungarischen Kinderärztin Emmi Pikler – steht das Kind mit seinem eigenen inneren Entwicklungsplan im Zentrum. Nicht das Spielmaterial ist der Ausgangspunkt, sondern das Kind selbst: mit seiner Neugier, seiner Bewegungsfreude, seinen Impulsen.
Das Spiel ist Ausdruck innerer Prozesse.
Es ist kein „Zeitvertreib“, sondern kindliche Forschungsarbeit. Im freien Spiel zeigt sich, was ein Kind bewegt – im wahrsten Sinne des Wortes. Was es gerade innerlich verarbeitet, was es übt, was es begreifen will – im doppelten Sinn.
Das heißt:
Nicht jedes Spielzeug passt zu jeder Zeit.
Und: Manchmal ist das Nicht-Spielzeug – ein Tuch, ein Karton, ein Löffel – wertvoller als das aufwendig gestaltete Set.
Unsere wichtigste Aufgabe: Beobachten
Die Rolle des Erwachsenen wird oft unterschätzt – oder missverstanden. Wir sollen nicht „bespaßen“, nicht lenken, nicht motivieren oder anregen. Unsere wichtigste Aufgabe ist das aufmerksame, achtsame Beobachten.
Emmi Pikler sprach von einer „liebevollen Zurückhaltung“ – ein Erwachsener, der präsent ist, aber nicht stört. Der Sicherheit gibt, ohne zu unterbrechen. Der da ist, ohne sich aufzudrängen.
Denn im freien Spiel braucht das Kind genau das:
Raum. Zeit. Verlässliche Präsenz.
Wenn wir das Vertrauen haben und die richtigen Bedingungen schaffen, entfalten Kinder nicht nur Spielideen – sie entwickeln sich in ihrer ganzen Persönlichkeit: kognitiv, motorisch, sozial und emotional.
Das richtige Material zur richtigen Zeit
Natürlich spielt auch das Material eine Rolle. Aber nicht als Selbstzweck.
Es geht darum, das richtige Material zur richtigen Zeit anzubieten – feinfühlig abgestimmt auf das, was das Kind gerade braucht. Ein Ball kann plötzlich mehr sein: ein Objekt zum Rollen, Werfen, Beobachten – oder ein Symbol für das, was das Kind gerade innerlich bewegt.
Deshalb beobachte ich in meinen Spielräumen nicht nur, was die Kinder tun, sondern auch wie – und wann. Ich frage mich:
• Was will das Kind hier gerade ausprobieren?
• Was übt es?
• Welche Bewegungsentwicklung kündigt sich an?
• Was verarbeitet es gerade im Spiel?
• Was zeigt mit sein Verhalten noch?
Denn das Spiel ist immer mehr als das Offensichtliche. Manchmal ist ein Turm aus Stapelsteinen kein Turm – sondern ein Haus, eine Bühne, ein Rückzugsort, ein Versuch, Ordnung zu schaffen im Inneren.
Unser Einfluss wirkt – leise und tief
Wenn wir Kinder in ihrem Spiel ernst nehmen, ihnen Raum und echtes Interesse schenken, dann erleben wir Momente, in denen Zeit stillsteht. In denen sich das kleine Kind für Minuten, in sein Tun vertieft – ganz bei sich. Das ist Selbstwirksamkeit. Das ist Bildung im ursprünglichsten Sinne.
Und wir?
Wir dürfen still staunen.
Vertrauen.
Loslassen.
Hinschauen.
Da sein.
Denn wir begleiten keine Spielzeit –
wir begleiten
Persönlichkeitsbildung.

Christina Tappler, MA
Gründerin von iplay.myway
zweifach Mama & Pikler (R) Pädagogin i.A.



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